06.03.2020
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Sportkegeln in Eschweiler: Leistungssport im Schattendasein

Wiederholt bemerken die in Eschweiler spielenden Sportkeglerinnen von Schwarz-Gelb 63 Aachen/Knickertsberg, dass ihre Passion als Kneipensport belächelt wird. Doch Kegeln in der zweithöchsten deutschen Liga ist eine völlig andere Welt. Das stellen die Zweifler sofort fest, wenn sie einen der – leider kaum von der Öffentlichkeit beachteten – Wettkämpfe im Kegelcenter an der Indestraße miterleben. So wie am vergangenen Sonntag, als SG die NRW-Liga-Saison mit einem Sieg über Lünen abschloss. Angesichts der stetigen Präzision bei mindestens 120 Würfen in einer Stunde wird klar: Sportkegeln ist ernstzunehmender Leistungssport. Ohne Kondition, Technik, Gefühl und Konzentration geht nichts.

Das gilt insbesondere für die Schwarz-Gelben. Der Deutsche Meister von 1967 brachte in seiner Geschichte einige Nationalspielerinnen hervor, zuletzt Katharina Schmitz, die den Bahnrekord innehat. Aber auch die aktuellen Aktiven sind dekoriert. Die in Eschweiler aufgewachsene Claudia Adolphs wurde Dritte bei den Deutschen Jugendmeisterschaften. Carolin Sengpiehl ist NRW-Auswahlspielerin, reist extra immer aus Hilden zu den Spielen und den wöchentlichen Trainings mit Manfred Hanf und Sportwartin Angelika Winkler an die Inde. Mirjan Serrée kommt aus den Niederlanden. „Unser guter Name und die Kameradschaft sind neben der hohen Ligazugehörigkeit Gründe, warum sie die weiten Strecken auf sich nehmen“, sagt Rosemarie Möller, seit 45 Jahren Vorsitzende von SG. Eine Vergütung kann der Verein nicht leisten. Ausgaben wie Verbandsauflagen werden von Mitgliedsbeiträgen bezahlt. Der Rückhalt durch Sponsoren fehlt gänzlich. „Nach dem Bundesliga-Aufstieg 2014 schrieben wir viele Firmen an. Eine hat geantwortet und 30 € gestiftet“, erzählt Möller.

Aus dem Oberhaus verabschiedete sich SG leider im letzten Sommer. Der Wiederaufstieg war trotz des dritten Tabellenplatzes in dieser Saison weit entfernt, weil sich das Verletzungspech aus dem Abstiegsjahr fortsetzte. „Ein gewisses Risiko besteht, da der Körper in vielen Partien einseitig belastet wird. Ein Ausgleichssport wie Schwimmen ist nötig. Wenn man allerdings die Voraussetzungen mitbringt, macht Kegeln enorm Spaß und man spielt sich in einen Rausch“, berichtet Sandra Liebig. Die zweifache Deutsche Meisterin im Doppel ist die Tochter von Helga und Willi Stollwerk, auf deren Bahnen sich der Klub (wie die Herren vom ESV Aachen/Knickertsberg) nach mehreren Umzügen quer durch die Region seit 2004 wohl fühlt.

Wie Liebig, sog auch Sandy Meyer die Begeisterung fürs Kegeln bereits als Kind auf. Die 21-Jährige hat seit 2013 einen Platz im Deutschland-Kader und derzeit Chancen auf die Teilnahme an der U24-WM. Obendrein trainiert die Erzieherin aus Eschweiler donnerstags Mädchen und Jungs ab sechs Jahren, gemeinsam mit ihrem Onkel Manfred Hanf (bei Interesse Tel. 0160-5535563, Mail: manfred.hanf@unity-mail.de). Meyer: „Ich finde am Kegeln cool, dass es eine etwas andere Sportart ist. Die Freude daran vermittele ich den Kindern gerne.“ Die Kids entdecken schnell: Kegeln ist weit mehr als nur ein launiger Zeitvertreib.

Tim Schmitz