31.12.2019
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Das Jahr 2020 wird von den Parteien unterschiedlich gesehen – Standpunkte aber nicht sehr weit voneinander entfernt

Eine Übersicht über die Haushaltsreden der Fraktionen

Eschweiler. In seiner Sitzung Ende November verabschiedete der Eschweiler Stadtrat den Haushalt 2020. In der Ratssitzung wurde traditionell in den Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden bzw. Fraktionssprecher Bilanz gezogen über die politische Situation in der Indestadt. Wir fassen an dieser Stelle einige Äußerungen gekürzt zusammen.

Dass die Vorsitzende der SPD im Stadtrat, Nadine Leonhardt weitgehend mit den Plänen der Verwaltungsspitze übereinstimmte, wundert sicher nicht. Sie verwies auf die Kontinuität der Arbeit von Verwaltung und Politik in den letzten Jahren. Leonhardt betonte, dass viel geleistet worden sei. Eschweiler sei eine wachsende Stadt und man habe viel geleistet in den letzten Jahren. „Die Vereinbarkeit von von Familienleben mit dem beruflichen Alltag ist DAS Thema vieler Familien...“ betonte sie, und hier sei man auf einem guten Weg. Kindertagesstätten, Reduzierungen bei Kindergartenbeiträgen, zweites Kindergartenjahr beitragsfrei seien nur einige Aspekte aktiver Familienpolitik in Eschweiler. Mehr als 4 Millionen Euro seien in den letzten Jahren in den Bau und Ausbau von Kitas in Eschweiler geflossen.

Dass Eschweiler angesichts des bevorstehenden Schließung des Kraftwerks Weisweiler und des Endes des Braunkohleabbaus vor gewaltigen Herausforderungen unter der Überschrift „Strukturwandel“ stehe, beeinflusste immer wieder die Äußerungen Leonhardts. So müsse die Stadt an vielen Baustellen tätig werden. Ein besonderes Augenmerk gelte auch der Entwicklung in Sachen Rathausquartier, ein wichtiger Punkt für die Entwicklung der Innenstadt. Von Seniorenarbeit über den Ausbau der Infrastruktur und der Schaffung von Wohnraum bis hin zur Digitalisierung spann Nadine Leonhardt einen großen Bogen und skizzierte eine sozialdemokratische geprägte Zukunftsvision von einer weiter aufstrebenden und sich permanent wandelnden modernen Stadt. Dabei gab es einige kleinere Seitenhiebe gegen den politischen Gegner, speziell die CDU.

Für die Eschweiler CDU nahm ihr Fraktionsvorsitzender Willi Bündgens ausführlich Stellung zum Haushalt und zur politischen Situation in Eschweiler.

Dass er dabei als Sprecher der größten Oppositionspartei um einiges kritischer die Situation Eschweilers beurteilte verwunderte nicht. So verwies er auf die Probleme, die in Schulen rund um das Thema Inklusion bestünden. Erhob hervor, dass die CDU geführte Landesregierung endlich die Sorgen und Nöte der Kommunen ernst nähme und für eine bessere Finanzierung der Städte und Gemeinden sorge. 

Kritisch setzte sich Bündgens mit den Vorgängen und Entwicklungen rund um das Rathausquartier auseinander. Die CDU hoffe aber, dass sich nun endlich dort etwas konkretes tue.

Lobte Bündgens auf der einen Seite die Arbeit von Stadtkämmerer Stefan Kaever so kritisierte er auf der anderen Seite das Verhältnis zur SPD, der er mangelndes Feingefühl und prinzipielle Ablehnung von CDU Vorschlägen zum Vorwurf machte. 

Besonders hob Bündgens in seiner Rede das ehrenamtliche Engagement in Eschweiler hervor. Dies müsse deutlich hervorgehoben und verstärkt unterstützt werden.

Alles in allem sei die Finanzsituation für Eschweiler inzwischen zwar etwas entspannt, aber weil es weiter erhebliche Unwägbarkeiten gäbe, die seitens der politischen Mehrheit nicht ausreichend beachtet würden, lehne die CDU nach langen und intensiven Beratungen den Haushalt 2020 ab. Bündgens zum Ende seiner Ausführungen: „Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung als auch in unseren Außenbereichen, den Hilfsorganisationen und unserer Feuerwehr danke ich sehr herzlich für ihre unermüdliche Arbeit ohne die unsere Heimatstadt Eschweiler auch nicht funktionieren würde.“

Mit zwei Hauptthemen befasste sich der Fraktionssprecher der Grünen, Dietmar Widdell schwerpunktmäßig in seiner Haushaltsrede. Das Schwerpunktthema Ökologie anhand der Ausrichtung Eschweilers auf Nachhaltigkeit und zum zweiten der Themenbereich Ökonomie und damit die Finanzen der Stadt Eschweiler.

Widdell empfindet die prognostizierte Einnahmeentwicklung als unrealistisch und verwies auf die Abhängigkeit der Stadt von Zuschüssen: „Ohne Zuschüsse läuft fast nichts in vielen Bereichen der Eschweiler Politik und des Verwaltungshandelns.“

Von Zuschüssen sei eben auch fast alles rund um die Thematik Nachhaltigkeit abhängig. Hier können man vieles beschließen, auch wenn eine Finanzierung nicht dauerhaft absehbar sei. Man habe auch viele Konzepte beschlossen, so viele, dass man den Überblick verlieren kann. Wie sich diese dann konkret auswirken, sei nicht wirklich absehbar. Ausnahme laut Widdell: dass endlich Haushaltsmittel ohne Fördergelder für die Planung der Einführung eines Citytickets im ÖPNV eingestellt wurden.

Widdell lobte die Entwicklung im Bereich Kinder und Familie, forderte aber weitere Verbesserungen. Doch wegen etlicher Punkte, die aus Sicht der Grünen nicht mit Nachhaltigkeit Eschweilers in Verbindung gebracht werden können – Themenbereiche Verkehr, Citycenter, ungenügender Ausbau von regenerativer Energienutzung – lehnten die Grünen den städtischen Haushalt 2020 ab.

Für die UWG – Fraktion nahm Erich Spies Stellung zum Haushaltsentwurf 2020.

Er verwies zu Beginn seiner Äußerungen darauf, dass seit vielen Jahren immerhin 95 % aller Rats- und Ausschussbeschlüsse einstimmig gefasst worden sind. Spies betonte, dass es die Bürgerinnen und Bürger Eschweilers seien - und nicht die SPD – welche die Umsetzung dieser Beschlüsse zu bezahlen hätten...“...wie das stereotype `Die SPD hat in Eschweiler...`meinen lassen könnte!“

Dann befasste sich Spies einmal mehr mit der durchaus angespannten Schuldensituation der Stadt. Spies bewertet sie nun als etwas entspannter, nicht zuletzt durch die geltenden Niedrigzinsen. Er lobte die Entwicklung bei Kinderbetreuung und Schulen, die finanzielle Entlastung der Eltern, forderte aber eine Kostenfreiheit ein. Das Projekt „Gute Schule 2020“ bewertete Spiess positiv und erinnerte an die dringende Notwendigkeit des Digitalpaktes Schule. Die UWG erinnere aber an den immer noch bestehenden Investitionstau bei Schulen.

Deutlich kritisch sehen die Unabhängigen die Problemgesellschaften Blausteinsee GmbH und Flughafen Merzbrück GmbH. Sie fragen sich, warum nur Eschweiler aktiv am Blausteinsee arbeitet und welchen Sinn überhaupt die Beteiligung am Flugplatz Merzbrück macht. Weiter möchte sich die UWG für die Sportförderung in Eschweiler einsetzen. Sie fragt aber kritisch nach, ob sich die Einrichtung eines Schwimmsportzentrums unter der Jahnhalle lohnt, wenn man nicht genau weiß, wie lange die Schwimmhalle noch hält.

Dass das Rathausquartier durch Klagen zu Fall gebracht werden könnte macht der UWG große Sorgen, sieht sie doch keinerlei Alternative jenseits der Ten Brinke Gruppe. Erich Spies zum Abschluss: „Trotz einiger Bedenken werden wir dem Haushalt zustimmen. Wir hoffen im Interesse der Stadt, dass der Optimismus des Kämmerers und der Mehrheitsfraktion sich Ende des nächsten Jahres bewahrheitet hat.“

Für die Liberalen im Rat der Stadt Eschweiler bezog FDP-Fraktionschef Ulrich Göbbels Positionen zum Haushaltsentwurf 2020.

Seine grundsätzlichen Anmerkungen zur Finanzplanungen der Stadt schickte Göbbels die deutliche Sorge vorweg, dass sich rund um das Rathaus viel zu wenig getan hätte: „Die Liberalen glauben, es ist nötig, dass alle politischen Kräfte und die Verwaltung in einer gemeinsamen Anstrengung versuchen sollten, das Projekt (Rathausquartier) zu befördern….“.

Göbbels bewertete die Finanzsituation der Stadt aus Sicht der FDP positiv. Der letzte Haushalt sei mit einem Überschuss von 1,2 Millionen € abgeschlossen worden, die Liquiditätskredite sollen 2022 auf Null gefahren werden. Göbbels: „Ein positiver Ausblick!“

Er mahnte jedoch hohe Aufmerksamkeit an, um vor negativen finanziellen Überraschungen gefeit zu sein.

Göbbels forderte erneut deutlich ein, die Effektivität der Arbeit der Stadtverwaltung durch ein unabhängiges Gutachten neutral einzuschätzen. Immerhin würden nun 791 Stellen von 1029 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt, da sei es notwendig die dadurch entstehenden Kosten von rund 43 Millionen Euro auf den Prüfstand zu stellen.

Göbbels und die FDP möchten die finanzielle für Bürger und Gewerbetreibende so niedrig wie möglich halten, damit wohnen und arbeiten in Eschweiler weiterhin attraktiv bleiben und der Strukturwandel unter besten Voraussetzungen umgesetzt werden kann.

„Trotz aller Bedenken und Warnungen unsererseits werden wir - und das wird sie überraschen - dem Haushalt zustimmen. Trotzdem bitten wir darum, weiter sparsam zu agieren, Schulden abzubauen und insbesondere die Personalkosten im Blick zu halten.“

Am Anfang der Rede des Fraktionssprechers der Fraktion Die Linke & Piratenpartei, Albert Borchardt, stand die deutliche Aussage „Wo es mir gut geht, da ist meine Heimat.“

Borchardt lobte die gute Infrastruktur der Indestadt machte sich aber auch grundsätzliche Gedanken zum Zustand unserer Demokratie. Borchardt: „Demokratie braucht Demokraten, sonst stirbt sie von innen!“ Er forderte, dass in Eschweiler verschiedenste Dinge passieren müssten, damit man sich hier auch weiterhin wohl fühlen könne. Ein Schwerpunkt seiner Anregungen war der Wohnungsbau, den er nachdrücklich einforderte ebenso wie die weitere Verbesserung der Kinderbetreuung und der Erziehung und Bildung. 

Auch Mobilität und Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Strukturwandel sind Themenbereiche die die Linke engagiert in der Indestädtischen Politik einfordert. „Mutlose Klimapolitik bedeutet Stillstand und Stillstand heißt Rückstand“ brachte Borchardt seine Forderungen auf einen diesbezüglichen Punkt.

Überraschend die Haltung am Schluss zum Eschweiler Haushalt 2020: „Wir enthalten uns zustimmend“, was im Ratssaal zu deutlichem Schmunzeln führte.