06.09.2021
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Regeln, Rehhagel, Rekord: Eschweiler Bundesliga-Schiri wird 80

Der einzige Eschweiler, der je Schiedsrichter in der Fußball-Bundesliga war, feiert am heutigen Montag einen besonderen Geburtstag: Joachim Kautschor wird 80.

Geboren in Pommern, trieb der Krieg seine Familie nach Alsdorf. Seit 1969 lebt Kautschor in Eschweiler. Er arbeitete als Technischer Angestellter bei „Prym“, doch seine Wochenenden prägte seit jeher der Fußball. Bis zu einer Ellenbogenverletzung als Frühzwanziger war „Jochen“ Torwart von Viktoria Alsdorf. 1965 begann er die Schiri-Karriere. Vom Eschweiler Jakob Schreiber ausgebildet, pfiff Kautschor erst bei den Amateuren, ab 1979 in der 2. Liga (66 Spiele) und ab 1984 bis zum Ende seiner Laufbahn 1989 in der Bundesliga (44 Spiele). 72 Mark plus Fahrgeld gab es pro Erstliga-Partie; heute verdienen die Referees schon ein Grundgehalt von mindestens 60.000 € im Jahr. „Die Spieler bekommen viel mehr als früher, also auch die Schiedsrichter. Dafür hatte man damals keine langen Videoüberprüfungen und konnte entspannt zu Trainer Rehhagel sagen: ,Otto, sei ruhig, sonst komm‘ ich raus‘“, denkt Kautschor lachend an die Begegnungen mit weiteren Größen wie Heynckes und Lattek oder Spielern wie Rummenigge und Matthäus zurück.

Derbys in Süddeutschland pfiff der beim FC Germania Dürwiß angemeldete Unparteiische öfter. Im hitzigen Duell Mannheim gegen Kaiserslautern trug er zu einem noch heute gültigen Bundesliga-Rekord bei: Vier Elfmeter für ein Team (Mannheim) in einem Spiel. Hinzu kamen internationale Linienrichter-Einsätze. „Barcelona, Liverpool, Amsterdam – tolle Zeiten.“ Gerne leitete er sonntags zusätzlich die Top-Spiele der Amateur-Oberliga, zusammen mit den Eschweilern Hans Blau und Helmut Brief als Assistenten. 

Ab 1998 fungierte Kautschor als Schiedsrichterbetreuer von Alemannia Aachen, bis er die Aufgabe 2017 an Schwiegersohn Gerd Stoffels übergab. Darüber lernte er bei gemeinsamen Essen Top-Schiris wie Bibiana Steinhaus und Manuel Gräfe kennen, die zuletzt Kritik an der Organisation und dem Stil des Deutschen Fußball-Bundes übten. Kautschor machte in drei Jahren als Lehrwart des Verbandes eigene Erfahrungen: „Der DFB leidet teils an verkrusteten Strukturen, vernachlässigt zudem den Amateurfußball.“ Deshalb widmet er sich lieber seiner zweiten Passion, dem Reisen. Er und Ehefrau Sylvia (verheiratet seit 56 Jahren, 2 Töchter, 1 Enkel) erfreuen sich intakter Gesundheit und sind schon immer häufig auf Achse. Die Wintermonate verbringen sie stets in der Sonne Spaniens; den Ehrentag am heutigen Montag genießen sie an der Nordsee.

Tim Schmitz