04.10.2022
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Verbotene Aufzeichnungen im Rat? Stadt und Politik antworten

Audioaufzeichnungen, um Protokolle von Ratssitzungen anzufertigen, wurden in Eschweiler bereits rege diskutiert. Obwohl sich die demokratische Mehrheit gegen die Erstellung von Mitschnitten entschieden hat, gibt es Hinweise, dass diese Regel missachtet wird. Was Verwaltung, Bürgermeisterin und die einzelnen Fraktionen zu diesem Schock sagen.

So fiel die demokratische Entscheidung
Im Juni 2021 stellte die BASIS-Fraktion den Antrag, dass Ratssitzungen mit Audioaufzeichnungen dokumentiert werden. Diese Mitschnitte sollten jedoch nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, sondern nur dazu verwendet werden, um Protokolle von Ratssitzungen anzufertigen. Im Februar stimmte die Mehrheitskoalition aus SPD und Grüne im Stadtrat gegen diesen Antrag. Während CDU, BASIS und AfD dafür stimmten, enthielten sich die FDP und Albert Borchardt, Einzelvertreter von DIE LINKE, bei der Abstimmung.

Aufzeichnungen verboten
Die Audioaufzeichnungen sind somit weiterhin untersagt. Darauf wird am Anfang jeder Sitzung des Stadtrats und seiner Ausschüsse explizit hingewiesen. Es gibt allerdings Hinweise, dass seit Februar Besucher Audioaufzeichnungen angefertigt haben. Einzelne Ratsmitglieder sollen demnach davon wissen und um Mitschnitte sogar gebeten haben.

Das sagen Bürgermeisterin und Verwaltung
Der Stadtverwaltung liegen laut Pressesprecher René Costantini bisher keine Erkenntnisse über Tonmitschnitte vor. Sollte sich dies ändern, behält sich die Stadt Eschweiler entsprechende Schritte vor. Da die Bürgermeisterin Nadine Leonhardt das Hausrecht ausübt, kann sie Personen, die nachweislich Audioaufzeichnungen anfertigen, des Sitzungssaales verweisen.

Das sagen die Parteien
Auf die Frage, wie sie zu diesem Regelbruch steht, hat die BASIS keine Antwort gegeben. Wilfried Berndt, Fraktionsvorsitzender der CDU, schreibt, dass er und seine Fraktion sich mit keinem Urteil beteiligen möchten. Aussagekräftiger sind die Stellungnahmen der anderen Parteien.

Michael Winterich, Fraktionsvorsitzender der AfD erklärt, dass Rechtsregularien befolgt werden müssen und Ratsmitglieder dabei eine Vorbildfunktion erfüllen. Als bedauerlich bezeichnet er, dass sich Bürger dazu gezwungen sehen, gegen die geltenden Regulierungen auf eigene Faust Mitschnitte anzufertigen: „Aus menschlicher Sicht können wir das verstehen. Unser Standpunkt ist jedoch klar und zu 100 % der, dass geltendes Recht gefolgt werden muss“, so Winterich. 

Albert Borchardt, im Rat Einzelvertreter für DIE LINKE, ist überzeugt, dass Moral kein geltendes Recht ersetzen kann. „Audio- und Videomitschnitte von Rats- und Ausschusssitzungen sind nicht erlaubt“, betont Borchardt. Er bezieht sich auf den Datenschutzbeauftragten der Stadt Eschweiler, der im August 2021 als Gründe Datenschutz und Persönlichkeitsrechte nannte.

Dietmar Widell, Fraktionsvorsitzender der Grünen hält eine moralische Beurteilung für kaum möglich. Er ist sich sicher, dass nicht bei allen Sitzungsanwesenden die Nutzung von Geräten wie Laptops, Smartphones und Tablets überprüft werden kann und empfiehlt, dass wie bisher daran erinnert werden soll, dass Aufzeichnungen illegal sind. Wer als Ratsmitglied trotzdem Mitschnitte fertigt oder diese beauftragt, missbrauche laut Widell das Vertrauen des Rats und der Verwaltung.

Auch Stefan Schulze, Fraktionsvorsitzender der FDP, hält sich mit einer moralischen Einordnung zurück. Seiner Partei lägen derzeit keine Informationen vor, um den Sachverhalt in angemessener Form zu beurteilen. „Im Falle einer nachweislichen Bestätigung der im Raum stehenden Vorwürfe würden aus unserer Sicht die sachlich zu treffenden disziplinarrechtlichen Schritte gegenüber einem Ratsmitglied an erster Stelle stehen.“, erklärt Schulze jedoch.

„Tonmitschnitte sind laut Geschäftsordnung verboten und an Gesetze sollte sich jeder halten“, sagt SPD-Fraktionsspitze Dietmar Krauthausen, dass es um Regeln, aber ebenso um Stil und Niveau in Eschweilers Ratssaal gehe. Er findet, dass eindeutige Fakten gemeldet werden sollten. Ratsmitglieder würden laut Krauthausen ihrer Aufgabe und ihrem Eid nicht gerecht, wenn sie Audioaufzeichnungen anfertigen oder darum bitten.

Manuel Hauck