30.09.2020
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Eine Frau geht – Vera Joußen nimmt Abschied vom BKJ

Zumindest arbeitstechnisch – Vera Joußen, die im Juli 2007 ihr Amt als Vorsitzende der BKJ antrat, geht mit der Altersfreizeit in den Ruhestand und blickt auf bewegte Jahre zurück.

Seit 1977 bei der Stadtverwaltung tätig und als ehemalige stellvertretende Leiterin des Jugendamtes mit Schwerpunkt Kindergartenangelegenheiten war es keine große Überraschung, dass Vera Joußen nach einem Ratsbeschluss von März 2006 am 1. Juli 2007 ihre neue Funktion antrat, die zunächst nebenberuflich parallel zu ihrem „normalen“ Berufsalltag lief.

„Das waren sehr arbeitsintensive Jahre“, erinnert sich Joußen zurück und ergänzt: „Heute weiß ich nicht, wie ich das zeitlich geschafft habe, aber wahrscheinlich fehlte mir damals wirklich eine ruhige Minute, um darüber nachzudenken. Der Laden musste halt laufen.“ Vera Joußen war in den ersten Jahren der BKJ weiterhin im Jugendamt schwerpunktmäßig tätig, während der Aufbau der BKJ als „Nebenprofession“ umgesetzt wurde.

Neuland

Als sie Vorsitzende der BKJ wurde, war sie die Spitze der neuen Anstalt öffentlichen Rechts, ein Unternehmen, das zwar 100-prozentig der Stadt gehört, allerdings autark arbeitet. In die BKJ, Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, wurden seinerzeit elf städtische Kitas überführt. Eigentlich besteht die Kernaufgabe darin, den Betrieb der Kindertagesstätten auch aus pädagogischer Sicht sicherzustellen, doch schon bald kamen weitere Aufgaben hinzu.

Im Jahr 2010, als Vera Joußens Tätigkeit als BKJ-Spitze schließlich hauptamtlich ausgebaut wurde, kamen neue Rahmenbedingungen wie der Anspruch auf die U3-Betreuung hinzu. Innerhalb von kürzester Zeit mussten die Kindergärten ausgestattet werden, um den Bedarf zu decken. Das bedeutete, dass erst einmal zahlreiche Kitas um- und ausgebaut wurden. Früher ungewöhnlich, ist es heute schon so etwas wie Normalität, dass Kindergärten mehr als vier Betreuungsgruppen haben.

„Damals hatte ich für die baulichen Maßnahmen nicht das technische Know-How“, gibt Joußen zu. Der Bereich war Neuland für sie, aber sie ist sich sicher, dass es sie reicher an Erfahrungen gemacht hat. So wurde bei zehn Bestandsgebäuden von Kindergärten aufgerüstet, ehe dann in den letzten Jahren sogar noch neue Kitas wie in der Wilhelmstraße und am Grünen Weg gebaut wurden. Bei den Neubauten zeichnete sich jedoch dann die Strukturförderungsgesellschaft der Stadt verantwortlich.

Für das Personal und den alltäglichen Betrieb der Kitas sind jedoch die BKJ zuständig. Seit 2007 wuchs die Zahl der Mitarbeiter von 97 auf nun 256. Um die Personalakquise kümmert sich Joußen und ihr heute fünfköpfiges Verwaltungsteam. „Uns freut natürlich, wenn Initiativbewerbungen bei uns eingehen. Dies ist jederzeit möglich, trotz dass die schulischen Teile der Ausbildung meistens im Spätsommer beginnen. Doch auch wenn in einem Moment kein konkreter Personalbedarf vorhanden ist, laden wir Bewerber grundsätzlich ein, um sie kennenzulernen und herauszufinden, für welche Aufgabenbereiche sie infrage kommen“, so Joußen. Dieses Konzept hat sich unter anderem deswegen als hilfreich bewiesen, da die BKJ einen hohen Anteil an Frauen beschäftigt und hin und wieder die Familienplanung das Berufsleben kreuzt.

Inklusion, Schnellebigkeit und Corona

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten Jahre: Vera Joußen schätzt, dass man Hand in Hand im Bereich der Inklusion mit Eltern, Kindern und medizinischem und therapeutischem Fachpersonal arbeitet, denn es gibt auch Fälle, wo eine Behinderung erst mit dem Eintritt in den Kindergarten bemerkt wird. „Die Herausforderung, nicht nur bei der Inklusion ist, dass heute vieles schnelllebiger ist und man kurzfristiger reagieren muss. Die Bedarfe haben sich zweifelsohne geändert, denn heutzutage arbeiten viel öfter als früher beide Elternteile und haben einen anderen Anspruch, was eine Betreuungseinrichtung leisten sollte.“ Daher hält Joußen es für den richtigen Ansatz, weitere Kitas zu planen, damit Familien in Eschweiler Betreuungsplätze finden. Sie ist aber an einem ihrer letzten Arbeitstage auch außerordentlich dankbar, dass die in der Verwaltung sitzenden Dienststellen die BKJ bisher so hilfreich unterstützt haben.

Corona hat schließlich einiges durcheinander gewirbelt, doch sowohl die Erzieherinnen haben sich bemüht, trotzdem über digitale Wege für die Kinder da zu sein, und beispielsweise mit Videos Betreuungsalternativen zu schaffen. Andererseits hatte die BKJ einen konkreten Plan, mit dem im Zwei-Wochen-Rhythmus die Mitarbeiter auf das Corona-Virus organisiert getestet werden konnten. „Dies hat eine hohe Akzeptanz bei unserem Personal gefunden, zu einem höheren Sicherheitsgefühl und zur Entspannung der Situation beigetragen“, zieht Vera Joußen auf den letzten Metern Fazit. Sie ist sich sicher, dass ihre Nachfolgerin Stefanie Kellner mit ruhiger Hand das BKJ-Geschäft gut weiterführen wird. Und das ist eines ihrer Herzensanliegen, wenn sie ihr Amt niederlegt.

Manuel Hauck