12.06.2021
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Städtischer Haushalt 2021 verabschiedet: Zwischen Sparforderungen und erhoffter Finanzreform

Die Verabschiedung des Haushalts zu „später Stunde“ stand auf der Agenda der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch. Dass die Finanzen für das Jahr 2021 erst jetzt von den politischen Fraktionen beschlossen wurde, hatte zwei Gründe: Einerseits hatte man sich darauf geeinigt, die Kommunalwahl abzuwarten, damit die neuen Ratsmitglieder darüber entscheiden. Andererseits strebte man an, dass die pandemiebedingten Hilfen, die seitens Land und Bund als Einnahmen fließen, isoliert betrachtet werden können. Hierbei wartete man auf die Genehmigung der Kommunalaufsicht.

Beide Bedingungen waren nun erfüllt und so bezogen die Vorsitzenden jeder Fraktion in ihren Haushaltsreden Stellung zu den abgeschlossenen Haushaltsberatungen. Zu größeren Diskussionen kam es im Grunde nicht mehr und der Haushalt wurde mit den Stimmen von SPD, Grüne und Linke als politische Mehrheit freigegeben.

Somit hat die Verwaltung jetzt grünes Licht und wurde ermächtigt, Ausgaben und Investitionen zu tätigen. Die „Kehrseite der Medaille“ ist jedoch, dass dies nur durch hohe Isolierungsvolumen und Bilanzierungshilfen möglich ist. Die Stadt Eschweiler ist auf finanzielle Unterstützung von Bund und Land angewiesen.

Wie die einzelnen Fraktionen zum städtischen Haushalt 2021 stehen:

SPD:
Fraktionsvorsitzender Dietmar Krauthausen verdeutlichte, dass man trotz der Pandemie bereits im vergangenen Jahr Schwerpunkte wie Einführung des City-Tickets, Digitalisierung und Neubaugebiete setzen konnte. Gerade mit Blick auf die pandemiebedingten Einnahmen-Ausfälle schließt sich die SPD der „Kommunalen Gemeinschaft“ an, denn über zahlreiche Kommunen hinweg wird die Auffassung vertreten, dass sich bei der Finanzierung seitens Bund und Land etwas tun muss, damit Städte handlungsfähig bleiben. Trotz der widrigen Umstände muss investiert werden, sind sich die Sozialdemokraten sicher. Dies wird in diesem Jahr in Bereichen wie Feuerwehr, Industrie- und Gewerbegebieten, Aus- und Neubau von Kinderbetreuungseinrichtungen und Breitbandausbau getan. Dietmar Krauthausen nutzte in seiner Rede aber auch die Gelegenheit, Kritik am politischen Verhalten von AfD, BASIS und CDU zu üben, die seiner Meinung nach nicht zum konstruktiven Miteinander beitragen.

Bündnis 90/Die Grünen:
Dietmar Widell von den Grünen verzichtete als einziger Fraktionsvertreter auf solche Kritik. Er gestand, dass sich die Grünen den ersten Haushalt als Koalitionspartner anders vorgestellt haben. Zahlreiche Unwägbarkeiten bringe die Corona-Pandemie mit sich, doch es hilft nichts, den Kopf in den Sand zu stecken und es gäbe verdammt viel zu tun, sodass man trotz allem optimistisch ist, gemeinsam mit der SPD wichtige Projekte auf den Weg zu bringen, die über das Haushaltsjahr 2021 hinausgehen und sich vor allem dem Strukturwandel und der Nachhaltigkeit widmen.

CDU:
Wilfried Berndt legte als Fraktionsvorsitzender der CDU das Augenmerk darauf, dass es in den vergangenen Jahren nicht gelungen sei, strukturell ausgeglichene Haushalte auf den Weg zu bringen, was eigentlich das Ziel sein müsste. Er schlug IT-gestützte Prozessoptimierungen und klare Sparvorgaben vor, anstatt ständige Finanz-Forderungen in Richtung Bund und Land zu stellen. Er kritisierte dabei vor allem die „spar-ablehnende“ Haltung der SPD, die ständig versucht, Anträge anderer politischen Fraktionen zu überbieten.

BASIS:
Christoph Häfner, Fraktionsvorsitzender der BASIS, konstatierte, dass die prekäre Situation der städtischen Finanzen nicht neu sei und die Pandemie diese Entwicklung nur beschleunigt habe. Häfner machte sich dafür stark, dass man keinen Schuldenberg für die nachfolgenden Generationen hinterlassen dürfe, denn auch diese sollen handlungsfähig bleiben. Einerseits merkte er kritisch an, dass die Gemeinden immer mehr Aufgaben auferlegt bekommen, ohne dass Bund und Land die Kosten übernehmen, sodass eine Reform der Gemeindefinanzierung sinnvoll erscheine. Andererseits müsse bei den städtischen Finanzen eine Kosten-Nutzen-Analyse umgesetzt werden, vor allem bei der „Bestellung“ von externen Leistungen.

FDP:
Stefan Schulze gab seine Rede aufgrund seiner Abwesenheit schriftlich zu Protokoll. Der FDP-Fraktionsvorsitzende erklärte zwar, dass man keine Erfahrungen mit einer solchen Pandemie habe, die man als Entscheidungsgrundlage nutzen könne, doch die ernüchternde Lage der Finanzen führe zu dem Schluss, dass sich etwas ändern müsse. Die Liberalen bevorzugen anstelle von finanziellen Zuweisungen und Hilfen, die die Stadt in Abhängigkeiten bringe, einen selbstbestimmten Weg. Hierbei ist es wichtig, dass man eigenständig und unabhängig wirtschafte, was auch bedeute, dass man unter anderem mit Sparmaßnahmen zunächst einen mühsamen Weg einschlagen müsse.

AfD:
Michael Winterich, Fraktionsvorsitzender der Alternative für Deutschland, lehnte den Haushaltsplan 2021 ab und begründet dies mit fehlender Nachvollziehbarkeit, Unglaubwürdigkeit und Verschwendung. Dass der Haushalt defizitär ist, müsse zu einem Umdenken führen. In Zukunft solle laut AfD sparsam und wirtschaftlich gehandelt werden.

DIE LINKE:
Ehe Albert Borchardt als Einzelvertreter von DIE LINKE auf die Finanzen einging, kam er zu dem Schluss, dass die Stadt bei der vergangenen Wahl ihre Unschuld verloren habe, indem auf demokratischem Weg eine Partei gewählt wurde, die alles andere als demokratisch orientiert sei. Um die großen Herausforderungen der Zeit wie den Strukturwandel und den Klimaschutz zu bewältigen, helfe es nicht, auf die (Spar-)Bremse zu treten. Aus diesem Grund schließt sich DIE LINKE dem Appell von Kämmerer Stefan Kaever an, der betont, dass Bund und Land substanzielle Hilfe leisten müssen. DIE LINKE macht, so Borchardt, schon seit Jahren auf die Notwendigkeit einer Finanzreform zugunsten der Kommunen aufmerksam.

Manuel Hauck