21.01.2021
1 Foto

Zumindest für den Eschweiler Trainer Michael Burlet geht die Fußballsaison weiter

Der Sport in der Region ruht weiterhin. Die Fußball-Regionalligisten Alemannia Aachen und FC Wegberg-Beeck dürfen aber trotz Lockdowns aktiv sein, da sie dem Profibereich zugeordnet wurden. Deshalb ging es für den Eschweiler Michael Burlet, der seit 2019 als Cheftrainer in Wegberg-Beeck tätig ist, am letzten Wochenende in der 4. Liga weiter. Im Filmpost-Interview spricht der 56-Jährige über die ungewöhnliche Saison, die Nachteile seines Teams sowie die Vergangenheit und Gegenwart des Eschweiler Fußballs.

 

Herr Burlet, das gesellschaftliche Leben steht in weiten Teilen still. Für Sie und Ihre Mannschaft setzt ungeachtet dessen der Spielbetrieb fort. Ein mulmiges Gefühl?

Michael Burlet: „Ja. Wir werden gesetzlich zwar als Profis betrachtet, sind aber keine. Unsere Spieler und Betreuer haben täglich mit Einschränkungen in ihren Hauptberufen zu tun. Daher wissen wir: Es gibt gerade im Moment absolut wichtigere Dinge als Fußball. Der Verein gewährleistet bestmögliche Schutzmaßnahmen; jede Woche werden Corona-Schnelltests gemacht, damit wir uns – so gut es geht – auf den Sport konzentrieren können. Der ist ohne Zuschauer allerdings auch ganz anders. Man spürt es ja bei der Bundesliga am Fernseher, wie die Emotionen einfach fehlen.“

 

Aber kommen euch die Geisterspiele sportlich nicht sogar entgegen? Als Aufsteiger seid ihr oft Außenseiter und habt so nicht zusätzlich eine große Kulisse gegen euch.

Michael Burlet: „Das mag manchmal so sein. Meine Anweisungen von draußen erreichen die Spieler ohne Publikum auch besser. Trotzdem hätten wir es lieber anders. Vor Weihnachten waren wir zum Beispiel bei Tabellenführer RW Essen zu Gast. Da wären normalerweise bis zu 15.000 Zuschauer gekommen. Für sowas spielt man doch Fußball. Diese Atmosphäre fehlt und finanziell geht den Klubs ebenso einiges verloren. Eine zweite Regionalliga-Saison unter diesen Bedingungen könnten wir wirtschaftlich wohl nicht stemmen.“

 

In Wegberg-Beeck arbeitet man auf Amateurniveau, während sich in der gleichen Liga viele Vollprofi-Vereine befinden.

Michael Burlet: „Wir sind sogar einer von sehr wenigen Regionalligisten, die den Fußball nicht als Hauptjob ausüben. Die Jungs arbeiten regulär und kommen dreimal pro Woche abends zum Training. Dazu absolviert jeder für sich einen Lauf, dessen Auswertung mir vorgelegt wird. Das ist ganz anders als bei fast allen Konkurrenten. Wir müssen immer alles geben, um die Nachteile auszugleichen. Vor allem dank einer phänomenalen mannschaftlichen Geschlossenheit stehen wir als 15. der Tabelle über den fünf Abstiegsplätzen. Dennoch wird die Rückrunde extrem schwer. Das zeigte bereits die jüngste Niederlage bei  RW Oberhausen. Am Samstag zuhause gegen Wiedenbrück wollen wir es besser machen.“

 

Sie waren bei der Alemannia 2012 Co-Trainer in der 2. Bundesliga. Gibt es Ambitionen, nochmal in den Profibereich einzusteigen?

Michael Burlet: „Es wäre schon sehr reizvoll und vermutlich würde ich nicht nein sagen. Aber meinen Hauptberuf gäbe ich dafür nicht mehr her. Es geht nur, wenn es sich beruflich verbinden lässt.“

 

Vor der Aufgabe am Tivoli erreichten Sie mit Germania Dürwiß Herausragendes in der Mittelrheinliga. Das ist genau zehn Jahre her. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Michael Burlet: „Darauf blicke ich richtig gerne zurück. Mit den tollen Menschen aus dieser Zeit verbindet mich auch heute noch viel. Der Vorstand, Manager Werner Jahr und ich stellten ein ganz, ganz junges Team zusammen, das in den beiden Saisons Dritter und Fünfter wurde. Es waren viele Spieler aus der eigenen Nachwuchsabteilung dabei, in der ich zuvor arbeitete und den Aufstieg in die B-Jugend-Bundesliga feiern durfte. Ich bin ein „Eischwiele Jong“. Das machte die Bindung zum Verein umso enger. Mit einem heimischen Klub solche Erfolge zu erreichen, war etwas ganz Besonderes.“

 

Früher erlebten Sie auch bei der ESG erfolgreiche Zeiten. Inzwischen existiert der Sportplatz Patternhof nicht mehr.

Michael Burlet: „Der Abriss berührte mich schon. Ich habe die ESG trainiert und als Aktiver in der damaligen 4. Liga dort gespielt. Dass sich so ein stolzer Verein auflöste und jetzt die traditionsreiche Spielstätte weg ist, ist sehr schade. Es ist aber auch schwieriger geworden für die Eschweiler Klubs.“

 

Inzwischen wäre man froh, wenn bei den Herren einer die Kreisliga verlassen würde. Haben Sie den Eschweiler Fußball noch im Blick?

Michael Burlet: „Über die Presse verfolgt man ihn immer. Meine Familie ist heimatverbunden; meine Söhne Noel und Etienne spielen zudem in Hehlrath. Dass Eschweiler wieder in höheren Ligen vertreten ist, würde ich allen Vereinen gönnen.“

 

Was fehlt dazu aus Ihrer Sicht?

Michael Burlet: „Man braucht Fachkompetenz und hohes Engagement in den Gremien und im sportlichen Bereich sowie eine wirklich durchdachte Planung, um Sponsoren zu begeistern, denn Geld ist im Leistungsfußball unverzichtbar. Vielleicht können Fusionen dabei helfen. Wichtig ist auf jeden Fall Nachhaltigkeit und auch der Mut, ein Konzept durchzuziehen. Aktuell sehe ich leider keinen Verein, auf den all das zutrifft, um mittelfristig die Landesliga oder höheres zu erreichen.“


Tim Schmitz