09.02.2022
1 Foto

Revolution im Kinderfußball: Lokale Vereine äußern Vorteile und Bedenken

Vier Ecken, zwei Strafräume und zwei Tore – so kennt man das Fußballfeld. Doch bald gilt das bei Bambinis, F- und teilweise auch E-Junioren nicht mehr. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) plant neue Spielformen im Kinderfußball ab der Saison 2024/25 – mit Minitoren, kleinen Spielfeldern, kleinen Teams sowie ohne Torhüter und Schiedsrichter. „Funino“ heißt dieses Format. Meisterschaftsrunden und Spiele im klassischen 7-gegen-7 (erst ab der C-Jugend bestehen die Mannschaften aus 11 Spielern) werden abgelöst von sogenannten „Festivals“, auf denen mehrere Teams im Turniermodus gegeneinander antreten. Bei den Bambinis bedeutet das Partien im 2-gegen-2 oder 3-gegen-3, bei den F-Junioren je nach Mannschaftsgrößen 3-gegen-3 bis 5-gegen-5 mit insgesamt 4 Minitoren, wobei man auf 2 angreift und 2 verteidigt. In der E-Jugend (5-gegen-5 bis maximal 7-gegen-7) erfolgt der stufenweise Übergang zum Einsatz von Jugendtoren mit Torhütern. Damit alle Kinder zum Zuge kommen, sollen mehrere Felder nebeneinander aufgebaut und die Spieler in fester Reihenfolge ausgewechselt werden. Es ist eine Revolution für die kleinsten Kicker, die der DFB am 11. März offiziell beschließt.

Bessere Entwicklung
Durch Infos des Fußball-Verbandes, beispielsweise auf Trainer-Lehrgängen, und die Test-Erfahrungen einzelner eigener Teams hatten die lokalen Vereine mit Nachwuchsabteilungen bereits erste Berührungspunkte mit den künftigen Spielformen. Die meisten Jugendleiter der Klubs sehen Vorteile für die fußballerische Entwicklung der Kinder – genau das, was der DFB mit den Änderungen bezweckt. Thomas Römer von Falke Bergrath nennt einen Punkt, in dem sich alle einig sind: „Weniger talentierte, körperlich unterlegene oder eher zurückhaltende Kinder bekommen durch die kleineren Gruppen mehr Ballaktionen, Spielanteile und persönliche Erfolgserlebnisse.“ Römer findet, alleine das sei die Umstellungen wert, denn „Kinderfußball muss allen Mädchen und Jungs Spaß machen.“ Tanja Gerhartz von Jugendsport Wenau ergänzt: „Alle können spielen. Auch bei einem großen Kader wird man sämtlichen Kindern gerecht und bietet ihnen die Chance, gute Grundlagen zu schaffen und sich weiterzuentwickeln.“

Allerdings äußern die Vereinsverantwortlichen Bedenken zur Umsetzung. Geschlossen sind sie sich sicher, dass „Funino“ betreuungsintensiv sei und das, während engagierte Ehrenamtler nicht einfach zu finden sind. Simon Becker vom FC Eschweiler schildert: „Mannschaften mit vielen Spielern werden ja auf verschiedene Gruppen aufgeteilt. Man geht also davon aus, dass immer mehrere Betreuer vor Ort sind, alleine schon wegen der Aufsichtspflicht. Das ist in der Praxis nicht der Fall.“ Auf Filmpost-Nachfrage hält ein DFB-Sprecher entgegen, dass die Kinder im Sinne ihrer Entwicklung „die meisten Entscheidungen im Spiel ohnehin selbst treffen“ sollen. „Eine gewisse (organisatorische) Unterstützung könnten zudem Eltern und Geschwister leisten.“ Dazu habe der DFB positive Erfahrungen aus einer mehrjährigen Pilotphase gesammelt, unter anderem im Kölner Raum.

„Wer zahlt die Minitore?“
Eine weitere Frage werfen die zahlreichen Minitore auf, die die Klubs noch nicht (in dieser Vielzahl) besitzen. „Es ist anzunehmen, dass die Kosten für den Kauf an den oft eh schon klammen Vereinen hängen bleiben“, formuliert Daniel Nier von den Sportfreunden Hehlrath einen Aspekt, den der DFB nicht entkräften kann. Der Verband erklärt lediglich: „Es gibt in verschiedenen Landesteilen Rabatte und Subventionierungen. Hier sind wir um Verbesserungen bestrebt. Generell ist die Anschaffung von Minitoren eine sinnvolle Investition in den Nachwuchs.“

Grundsätzlich zweifelt Stephan Weber vom SC Berger Preuß, ob die Änderungen in eine bessere Zukunft führen: „Die Kids wollen doch gemeinsam spielen und gewinnen wie ihre Idole. Die neuen Spielformen sind eher etwas fürs Training.“ Er sieht zudem die Ausbildung der Torhüter vernachlässigt, da erst in der D-Jugend immer ein Kind zwischen den Pfosten steht, wo bereits auf einem großen Feld von Strafraum zu Strafraum gespielt wird.

Noch vergeht etwas Zeit, ehe die Reform im Kinderfußball schrittweise einsetzt – mit genügend Gelegenheiten für alle Beteiligten und vor allem für die Mädchen und Jungs selbst, sich ein genaueres Bild in der Praxis zu machen und sich auf „Funino“ spielerisch und organisatorisch einzustellen.

Tim Schmitz